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Deutsche Umwelthilfe kritisiert Schlupflöcher bei Mehrwegangebotspflicht

09.01.2023 In seiner jetzigen Form droht die seit dem 1. Januar 2023 in Kraft getretene Mehrwegangebotspflicht in der Gastronomie nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ins Leere zu laufen. Zwar sei es der richtige Ansatz, dass Gastronomiebetriebe verzehrfertige Speisen und Getränke auch in Mehrweg anbieten müssen. Die Regelung enthalte jedoch weder Vorgaben, wie viel Mehrweg genutzt werden soll, noch eine finanzielle Schlechterstellung von umwelt- und klimaschädlichem Einweg.

Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert Ausnahmeregelungen und fehlende Schlechterstellung von umweltschädlichem Einweg bei der neuen Mehrwegangebotspflicht.
© Foto: DUH
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert Ausnahmeregelungen und fehlende Schlechterstellung von umweltschädlichem Einweg bei der neuen Mehrwegangebotspflicht.

Damit möglichst viele Menschen auf Mehrweg umsteigen, fordert die DUH eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Geschirr. Nur so erhalten Kundinnen und Kunden einen echten Impuls, Mehrweg gegenüber Einweg vorzuziehen. Der Gastronomie empfiehlt der Umwelt- und Verbraucherschutzverband die Verwendung unternehmensübergreifender Standard-Mehrwegbecher und -Essensboxen. Das macht Mehrweg effizienter in der Handhabung und die Rückgabe für Verbraucherinnen und Verbraucher einfacher. Zudem müsse die Mehrwegangebotspflicht von den unteren Abfallbehörden und Gewerbeaufsichtsämtern konsequent kontrolliert werden.

„Finanzielle Gleichstellung reicht nicht“

DUH Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Wenn Mehrweg zum neuen Standard für verzehrfertige Getränke und Speisen in der Gastronomie werden soll, dann reicht eine finanzielle Gleichstellung gegenüber Einweg nicht aus – denn ohne Nachbesserungen bleibt die Wegwerfvariante einfacher in der Nutzung. Deswegen fordern wir die Verwendung von einheitlichen Mehrwegsystemen und eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Becher, -Boxen und -Besteck. Dadurch wird die umweltfreundlichere Mehrwegvariante attraktiver als Einweg. Die kommunale Einweg-Verpackungssteuer in Tübingen hat bereits eindrücklich bewiesen, dass Mehrweg auf diese Weise erfolgreich gefördert werden kann.“

Kritisch beurteilt die DUH auch diverse Ausnahmeregelungen, etwa für Kleinunternehmen: Wer bis zu fünf Beschäftigte und gleichzeitig nicht mehr als 80 Quadratmeter Verkaufsfläche hat, kann die Mehrwegangebotspflicht auch durch die Befüllung mitgebrachter Behältnisse erfüllen – die Bereitstellung eigener Mehrwegverpackungen ist dann nicht erforderlich. Dadurch entfallen tausende Ausgabestellen. Hinzu kommen Schlupflöcher für Einwegverpackungen aus reiner Pappe und Aluminium. So müssen Gastronomiebetriebe, die Pizzakartons oder etwa Einweg-Aluminiumschalen verwenden, weder Mehrweg anbieten noch mitgebrachte Mehrwegbehältnisse befüllen.

Informationen für Verbraucher*innen als Schlüssel

Die erfolgreiche Nutzung des Mehrwegangebots hänge maßgeblich davon ab, ob Verbraucherinnen und Verbraucher hierzu auch Informationen erhalten. Gastronomiebetriebe sind ab Januar 2023 verpflichtet, Kundinnen und Kunden durch deutlich sicht- und lesbare Informationstafeln auf das jeweilige Mehrwegangebot hinzuweisen.

Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft: „Mehrweg wurde bislang kaum bis gar nicht beworben und fristete oft ein Nischendasein. Das muss sich ändern. Wir fordern die Händler auf, Kundinnen und Kunden auch über Hinweisschilder hinaus aktiv auf Mehrwegalternativen hinzuweisen. Hierzu müssen vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult und sensibilisiert werden, um mündlich auf Mehrweg aufmerksam zu machen. Die Gastronomie hatte über ein Jahr Zeit, sich auf die Mehrwegangebotspflicht vorzubereiten. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr. Wir werden uns die Umsetzung der Informationspflicht und die Ausgestaltung des Mehrwegangebots sehr genau anschauen und gegen Verstöße rechtlich vorgehen.“

www.duh.de
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